Gärtnern,  Gestaltung,  Stauden

Es geht auch ohne Steine…..

Der Vorgarten ist die Visitenkarte des Hauses. Er empfängt die Besucher und verschönert das Haus. Wenn ich nach Hause komme empfängt er mich und sollte eigentlich ein Lächeln auf mein Gesicht zaubern.

Eigentlich…..und wie sehen viele Vorgärten aus?
Lieblos angelegt, am besten als Geröllfeld mit wenig Pflegeeinsatz.
Mit einem Boden, der durch das Gewicht der Steine keine Luft mehr bekommt. Meistens mit Flies oder sogar Folie abgedeckt, damit kein Fitzelchen Grün mehr zum Vorschau kommt. Das Bodenleben verdurstet und erstickt. Der Boden, in dem in einer Handvoll Erde mehr Lebewesen sind als auf der Erde Menschen leben, ist tot.
Die Temperatur steigt an, genauso die Feinstaubbelastung.

Wildbienen, Schmetterlinge, Vögel……. Fehlanzeige.

Und pflegeleicht bleibt es nur die ersten Jahre. Jedes einzelne Blättchen, was in den Steinen liegen bleibt, wird zu Humus und gibt „Unkraut“ eine Chance.


Wobei ich die Spontanvegetation zwischen dem Kies schon wieder mega interessant finde…..

Oft heißt es dann: da wächst einfach nichts. Dort ist es viel zu schattig.

Schatten……..

…… das sind oft die schönsten Ecken im Garten. Gerade dort gibt es eine große Auswahl an spannenden Pflanzen.

Das ist kein Grund für langweilige, tote Geröllfelder.

Es geht auch anders…..

So war der Zustand, als ich das erste Mal da war. Die Wege waren gepflastert und der Mutterboden auf den Vorgarten aufgetragen. Der Garten geht nach Norden raus und das Haus ist sehr hoch, also nicht sehr viel Sonne.

Nun bin ich grundsätzlich bei solchen Bildern sehr misstrauisch, was den Bodenzustand betrifft. Zu meinem ständigen Begleiter bei Gartenberatungen gehört eine Bodensonde. Das ist ein dünner Metallstab mit einer Spitze und am anderen Ende einer Kugel. Mit dieser Sonde überprüfe ich die Bodenverdichtung, indem ich sie mit der Hand in den Gartenboden drücke.
Bei diesem Vorgarten war es leider so wie bei vielen anderen Vorgärten. Ich bekam sie nicht mehr als 10 cm in die Erde. Darunter war alles festgefahren und zum großen Teil geschottert.

Wie soll da eine Pflanze zufriedenstellend wachsen?

Jede Pflanze braucht Luft an zum Atmen und zwar vor allem an den Wurzeln. Der Boden sollte mindestens 25% Luft enthalten.

In einem stark verdichtetem Boden ist kaum Sauerstoff enthalten. Die Pflanzen können nicht wachsen und vegetieren vor sich hin. Bis sie dann oft ganz kaputt gehen.
So was könnt ihr leider vermehrt bei Straßenbäumen sehen. Da wird bei der Bodenvorbereitung oft fachlich nicht richtig gearbeitet.

Der Galabau Betrieb, mit dem ich zusammen arbeite, kam hier dann mit seinem Bagger. Alles wurde herausgenommen, bis runter zur Gasleitung, und der Boden neu aufgebaut. Als oberste Schicht, von ca.20 cm, wurde dann Bioboden, vom Recyclinghof der Stadt Münster, aufgebracht. Der ist mit zertifiziertem Kompost vermischt. Ein toller Boden und garantiert unkrautfrei.
Das war viel Arbeit und kostete natürlich auch wieder Geld…….
und hätte im Vorfeld vermieden werden können.

Wie ging es dann weiter?

Ich finde es immer sehr schade, wenn der Vorgarten nur im Vorbeigehen erlebt wird. Wenn die Breite es zulässt, arbeite ich gerne mit einem Weg. Möglichst nicht gepflastert, sondern mit Hackschnitzel oder Kies.
Der wird zuerst gelaufen bis wir den richtigen Schwung haben und dann ausgeschachtet.

In diesem Fall kurbelte er die Kommunikation auf der Straße enorm an. Alle wollten wissen, was das denn wird…vielleicht ein Bachlauf?


Als erstes wurde eine mehrstämmige Betula utilis (Himalayabirke) gepflanzt. Das Haus ist an der Stelle sehr hoch und ein Baum mildert das ein wenig. Der Baum wird dem Vorgarten die Atmosphäre bringen und im Laufe der Jahre immer schöner werden.
Er lässt sich gut aufschneiden, so das es keine Probleme mit dem Lichtraumprofil (das betrifft die Durchfahrtshöhe, z.B. bei der Müllabfuhr) gibt.

Dann kamen die Gehölze: Coryolopsis spicata (Scheinhasel), Hydrangea quercifolia (amerikanische Hortensie), Caryopteris clandonensis (Bartblume), Virburnum plicatum „Mariesii“ (Etagenschneeball), Sambucus nigra „Black Lace“ (roter Holunder), Stachyrus praecox (Perlschweif), Hydranges aspera (Samthortensie) und mehrere Hedera helix „Arborescens“(Strauchefeu).

Die Scheinhasel kam direkt vor das Küchenfenster. Sie blüht sehr früh im Jahr mit langen, gelben Blüten und solche Gehölze pflanze ich dorthin, wo sie aus dem Haus heraus zu sehen sind.

Im nächsten Arbeitsgang kamen dann die Stauden hinzu. Es sollte ein farbiges Bild entstehen, ohne dass es zu bunt wird. Da der Straßenausbau noch auf sich warten lässt, gibt es auch noch keine saubere Kante. Insgesamt haben wir ca. 30 verschiedene Staudenarten und -sorten gepflanzt. So das es das ganze Jahr über im Garten etwas zu sehen gibt.

Da ich ja mit meinen Kunden zusammen pflanze, ist das für die Gartenbesitzer sehr eine spannende Sache.

Allerdings schwirrt denen hinterher immer der Kopf, weil ich zu jeder Pflanze eine Menge zu erzählen habe.

Gepflanzt wurde im Frühjahr und es sieht noch sehr überschaubar aus. Ich pflanze nicht gerne zu dicht. Schließlich sollen die Pflanzen auch genügend Platz zur Entwicklung haben.

Womit ich nicht gerechnet habe, war die Wirkung des Biobodens.
Die weiteren Bilder sind vom Herbst des gleichen Jahres!
Also 6 Monate später!!


Die Stauden sind regelrecht explodiert!
Das hat mir doch erst ein wenig Angst gemacht. Gut, dass sie sich im nächsten Jahr nicht nochmal verdoppeln.

Unkraut kommt da auf jeden Fall nicht mehr viel durch. Und die Vielzahl der unterschiedlichen Pflanzen lockt in den Vorgarten. Es gibt immer etwas zu sehen und zu entdecken. Bienen und Schmetterlinge sind da. Die Gartenarbeit macht Spaß und ist nicht, wie leider so oft, negativ behaftet.

Und das geht auch auf kleinerem Raum. Wichtig ist die Bodenvorbereitung und die passende Pflanzenauswahl.

Dabei achte ich bei den Stauden auf eine gute Mischung. Es gibt Stauden, die machen gleich im ersten Jahr PENG und sind gleich voll da.
Wie hier die Rasenschmiele Deschampsia cespitosa.
Oder die bekannte Katzenminze.

Und es gibt Stauden, wie das japanische Waldgras, Hakonechloa macra „Aurea“ oder Hosta, die brauchen länger für ihre Entwicklung. Dafür bleiben sie auch länger an ihrem Platz stehen und werden von Jahr zu Jahr eindrucksvoller.

Beides brauche ich im Garten. Und wenn es der Gartenbesitzer möchte, kommen auch noch Gartenvagabunden dazu.

Das sind Pflanzen, die kurzlebig sind und sich gerne versamen. Die vagabundieren dann durch den Garten und gestalten immer neue Pflanzenbilder. Wie z.B. die Akelei, Mohn oder Mutterkraut.
Es wird hier und da eingegriffen, damit es nicht Überhand nimmt.

Mir macht sowas sehr viel Spaß….
…..ich gehe auch gerne kreativ ins „Unkraut“.
Aber das ist nicht jedermanns Sache.

Zwei Jahre später…..

Ihr könnt hier gut sehen, dass die Rasenschmiele nicht mehr wesentlich größer geworden ist. Aber das japanische Waldgras hat sich wunderbar entwickelt und gibt jetzt den Ton an.
Der Sambucus „Black Lace“, Roter Holunder, hat auch gut zugelegt und ich habe ihn das erste Mal von unten aufgeastet. D.h. ich schneide die Äste, die in den Weg reinragen, direkt am Stamm ab. Der Holunder soll hoch wachen, so das alle unter ihm durchgehen können.

Genauso habe ich es auch schon mit der Himalaya Birke gemacht. Bei ihr ist ein frühes Aufasten noch wichtiger. Birken sind nicht sehr schnittverträglich. Eine Schnittfläche von 5 cm wird schon problematisch. Da sind sie nicht mehr in der Lage die Wunde gegen Pilze abzuschotten.

Auch wenn im Schatten nicht diese Blütenfülle wie im Sonnengarten ist, sieht es nicht langweilig aus. Es ist ein Garten, in dem man immer etwas zu schauen hat.
Kleine Dinge am Wegesrand….
Viele Blattschmuckstauden, wie Brunnera macrophylla „Jack Frost“ (das mit den silbernen Blättern) oder Bergenien, geben Farbe und Formen in den Garten.
Die verschiedenen Gehölze geben die Grundstruktur und die verändert sich dann auch im Laufe der Zeit.
Da ist es wichtig vorher gut zu überlegen.

  • wie viel Platz habe ich und wie ist mein Boden
  • wie groß werden die Gehölze und Bäume
  • was möchte ich erreichen
  • was mag ich

Nichte ist schlimmer, als wenn die Gehölze und Bäume verkehrt stehen und dann zu groß werden.

Unnötige, pflanzenschädigende Kappungsschnitte sind dann oft die Folge. Oder es wird alles rund geschnitten……
…… aber das wird noch ein eigener Blogbeitrag.

Mittlerweile hat der Vorgarten einen kleinen Waldcharakter bekommen.
Die Stauden machen den Boden dicht und so kommt kaum unerwünschtes Beikraut durch.
Der Hackschnitzelweg wird oft von Kindern genutzt, die es lieben dort durchzulaufen statt die langweilige Straße zu benutzen.

Jetzt warten wir nur darauf, das endlich die Straße fertig gemacht wird, damit es eine saubere Kante gibt. Dann muss vielleicht noch die ein oder andere Staude umgesetzt werden.

Durch die Gehölze wird der Blick umgelenkt und man steht nicht gleich auf der Straße
Hedera Helix „Arborescens“, der Strauchefeu ist eine toller Insektenmagnet
Sieht es nicht aus wie im Wald?

…. und ist es nicht lebendiger und schöner als Tonnen von Geröll vor dem Haus?

Entsteint euch und lasst den Vorgarten leben!!

2 Comments

  • Bettina Bügel

    Dieser Vorgarten ist wirklich toll geworden, Barbara.
    Hast du dazu bitte eine Pflanzliste?
    Danke + liebe Grüße, Bettina
    (Teilnehmerin Online-vortrag 30.01.24)

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